Pressemitteilung 21.02.2016

Berlin, 21.02.2016

Betreff: Akute Räumungsbedrohung des radikal queeren Wagenplatz Kanal

Vor kurzem mussten wir aus der Presse erfahren, dass sich das von uns bewohnte Gelände auf der Liste zur Bebauung von sogenannte „MUFs“ (Modulare Unterkunft für Flüchtlinge) befindet. Laut Bezirksstadtrat Bernd Szczepanski wurde der Senat darüber informiert, dass wir auf diesem Gelände leben. Dabei scheint man sich also nicht an das Kriterium gehalten zu haben, dass die Bauten keine anderen Bewohner und Projekte verdrängen sollen. Wie sonst ist zu erklären, dass das Areal des Wagenplatzes Kanal e.V. und des Mitmachzirkus Mondeo auf der Liste stehen? Soweit wir erkennen konnten, sind wir das einzig bewohnte Grundstück auf dieser Liste.

Auf dem Gelände leben wir, eine queere Gruppe von mehrheitlich Geflüchteten, Migrant_innen, Schwarzen Menschen, Rrom_nja und Menschen of Color die gegen Rassismus, Klassismus, Sexismus und Inter* Trans* Homo Diskriminierungen kämpfen und wir werden uns nicht verdrängen lassen!

Der gemeinnützige Verein Kanal ist ein queeres Wohn- und Kultur/Politprojekt, das seit fast 30 Jahren besteht und aktiv ein gleichberechtigtes und soziales Zusammenleben von Menschen in der Gesellschaft fördert, unabhängig von Geschlecht, Sexualität, Herkunft und Zugehörigkeit.

In Kooperation mit verschiedenen internationalen Projekten finden hier regelmäßig diverse nicht-kommerzielle Veranstaltungen statt, bei denen sich Schwarze Menschen, People of Color und andere Menschen, die von Rassismus betroffen sind, in politisch reflektiertem Umfeld begegnen können, in dem jeglische Form von Diskrimminierung nicht geduldet wird.

Das Projekt ist seit 2010 an der Kiefholzstrasse 74 ansässig. In Übereinkunft mit dem Senat, war dieses Gelände als langfristige Lösung angedacht. Vorausgegangen war eine sehr mühsame und langwierige Suche nach einem Ersatzgelände, als das Projekt den Bebauungsplänen an der Spree weichen musste.

Zurzeit stehen wir in Verhandlung mit der BIM, da diese unserem Folgevertrag eine Klausel hinzufügte, welche den Aufenthalt von Geflüchteten und Rrom_nja auf dem Gelände unter Androhung der fristlosen Kündigung untersagt. Wir haben uns geweigert diesen Vertrag so zu unterschreiben.

Der Verlust der Fläche in der Kiefholzsstrasse 74 stellt eine existenzielle Bedrohung für das Projekt dar und würde darüber hinaus 20 Bewohner_innen ihr Zuhause kosten. Es gibt immer weniger nicht-kommerzielle Strukturen in Berlin und immer mehr politische Projekte verschwinden.

Die Räumung des Protestcamps am Oranienplatz, der von Geflüchteten selbstverwalteten Gerhard Hauptmannschule in der Olauerstrasse und der Cuvrybrache zeigen, dass die Bebauungspläne auf dem von uns genutzten Geländes kein Zufall sein können.

In Berlin gibt es massiven Leerstand und auch in Neukölln gäbe es andere unbebaute Grundstücke.

Wir haben den Eindruck, dass hier die Möglichkeit genutzt wird, ein weiteres selbstorganisiertes Projekt loszuwerden.

Diese rassistische Verdrängungspolitik mit Mieterhöhungen, die nur der Gewinnmaximierung dient, möchte sich Unserer als selbstverwaltete Struktur entledigen und durch staatlich verwaltete Massenlager ersetzen, die schlussendlich Massenabschiebungen und Privatisierung zur Folge haben werden.

Wir solidarisieren uns mit den Kämpfen von Geflüchteten und für ein selbstbestimmtes Leben und ein Recht für jeden Menschen seinen Wohnort selbst zu wählen.

Wir sind gegen die Politik von Lagern und Abschiebung.

Wir werden das Gelände auf der Kiefholzstrasse nicht verlassen.

Wir bleiben Alle!

Radical Queerer Wagenplatz Kanal

www.kanal.squat.net

kanal@squat.net