Radiobeitrag vom Radio Dreyeckland (3/2015):
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JUNGE WELT
»Wir definieren nicht, wer geflüchtet ist und wer nicht«
Liegenschaftsfonds des Landes Berlin will Wagenplatz kündigen, wenn dort Flüchtlinge aufgenommen werden. Gespräch mit Stef Sturmbaum
Stef Sturmbaum ist Teil des Wohn- und Kulturprojekts »Wagenburg Schwarzer Kanal e.V.«
Der Liegenschaftsfonds Berlin, der die landeseigenen Grundstücke und Gebäude verwaltet, stellt in den Vertragsverhandlungen mit der »Wagenburg schwarzer Kanal« eindeutig rassistische Forderungen. Bevor wir darauf zu sprechen kommen, was ist überhaupt der »schwarze Kanal«?
Das ist ein Wagenplatz, ein Wohn- und Kulturprojekt, das seit 25 Jahren an verschiedenen Plätzen in Berlin besteht. Von unserem ursprünglichen Ort in Mitte wurden wir verdrängt – dort steht jetzt das Gebäude von ver.di – konnten aber in der Nähe bleiben. Dieses Gelände gehörte Hochtief, und vor etwa fünf Jahren mussten wir auch das verlassen. Deshalb haben wir den besagten Liegenschaftsfonds angefragt. Dieser reagierte zuerst jahrelang gar nicht, dann wurde uns gesagt, es gäbe nichts. Erst als wir eine leerstehende Schule besetzt und viel Protest organisiert hatten, wurden uns überhaupt Informationen über mögliche Grundstücke gegeben. Von dem Grundstück, das uns letztlich angeboten wurde, waren wir zuerst nicht besonders begeistert – auch wegen unserer Kulturprojekte –, da es ziemlich weit draußen ist.
Wie liefen die Verhandlungen mit dem Liegenschaftsfonds bisher ab?
Ganz okay war es in den ersten drei Jahren, in denen wir einen ganz normalen gültigen Vertrag mit dem Liegenschaftsfonds hatten. Darin stand, dass wir keine Miete im eigentlichen Sinne zu zahlen haben, sondern die Betriebskosten. Uns wurde damals nicht mitgeteilt, dass sich irgendwann etwas ändern sollte. Die Nebenkosten sind allerdings höher, als man das in einer »normalen« Wohnung kennt. Zu den üblichen Gebühren kommen bei uns vor allem sehr hohe Kosten für die Abwasserentsorgung, da wir nicht an die Kanalisation angeschlossen sind. Vor allem während der Veranstaltungssaison müssen wir das Abwasser mitunter jede Woche abholen lassen. Deshalb zahlen wir, zumindest für Bewohnerinnen und Bewohner eines Wagenplatzes, einen relativ hohen monatlichen Betrag.
Trotzdem ist es uns wichtig, dass bei den Kultur- und Politikprojekten keine Kosten entstehen, weder für die Besucher noch für die Veranstalter, damit niemand ausgeschlossen wird. Deshalb wehren wir uns dagegen, dass zusätzlich auch noch Miete für das Grundstück berechnet werden soll.
Neben der Mietzahlung versucht der Liegenschaftsfonds aber vor allem, Sie in einen Vertrag zu drängen, der sehr merkwürdige Klauseln enthält …
An zwei Punkten hat er in den Vertrag geschrieben, dass die Unterbringung von Geflüchteten einen sofortigen Kündigungsgrund darstellt. Einmal steht in der Präambel, dass der Vertrag unverzüglich zu beenden sei, »wenn der Verein ›Wagenburg Schwarzer Kanal e.V.‹ auf der Mietfläche Flüchtlingen Obdach gewährt« und weiter hinten wird der Punkt noch einmal aufgegriffen. Es scheint ihnen also sehr wichtig zu sein. In den mündlichen Verhandlungen, wurde das Thema an der einen oder anderen Stelle durchaus angesprochen. Hier haben wir sofort Stellung bezogen, nicht nur im Gespräch, sondern auch schriftlich. Wir haben klar gestellt, dass wir uns auf keinen Fall darauf einlassen werden zu definieren, wer geflüchtet ist und wer nicht. Diese Unterscheidung von Menschen machen wir nicht mit. Deshalb ist die merkwürdige Auffassung von Unterstützung, die ja in dem Wort »Obdach gewähren« drin steckt, für uns nicht tragbar. Wir leben hier einfach zusammen.
Wie ist die Einschätzung Ihres Anwalts: Ist solch eine Klausel, abgesehen davon, dass sie menschlich fragwürdige Denkmuster offenlegt, überhaupt juristisch haltbar?
Sollten wir den Mietvertrag unterschreiben und der Liegenschaftsfonds uns kündigen, weil vermeintlich Geflüchtete auf dem Platz wohnen, wäre dies wahrscheinlich nicht wirksam. Allerdings müssten wir damit vor Gericht ziehen. Solange der Vertrag nicht unterschrieben ist, können wir dagegen nicht rechtlich vorgehen. Solange diese Klausel allerdings Teil davon ist, werden wir den Mietvertrag aber auf keinen Fall unterschreiben. Das Vorgehen des Liegenschaftsfonds ist kein Einzelfall, sondern leider alltägliche Praxis. Selbstbestimmtes Wohnen wird so unmöglich gemacht.
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Siegessäule 2015
Schwarzer Kanal vor neuen Problemen
Seit Jahren verhandelt die Wagenburg »Schwarzer Kanal« mit dem Liegenschaftsfonds um einen neuen Mietvertrag für das Gelände in Neukölln. Nun liegt ein neuer Entwurf vor. »Der Liegenschaftsfonds besteht auf Klauseln im Mietvertrag, wonach das ›Obdach geben‹ oder die ›Unterbringung von Flüchtlingen‹ Grund für eine fristlose Kündigung seien«, teilte die Wagenburg Schwarzer Kanal e.V. am Mittwoch mit. Der Vertrag sei unverzüglich zu beenden, »(…) wenn der Verein auf der Mietfläche Flüchtlingen Obdach gewährt«. Und weiter: »Jegliche zweckfremde Nutzung des Grundstückes nach Maßgabe dieses Vertrages (…) berechtigt den Vermieter, unbeschadet der anderen Kündigungsrechte dieses Vertrages, zur fristlosen außerordentlichen Kündigung des Vertrages. Hierzu gehören insbesondere die Überschreitung der maximal zulässigen Zahl von Wagen sowie die Unterbringung von Flüchtlingen.«
Dass diese Forderung sowohl mit der Vereinssatzung des gemeinnützigen Queer-Projektes als auch mit dem »Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz« nicht vereinbar ist, spielt für den Liegenschafts- fonds offensichtlich keine Rolle, kritisiert der Verein. »Wir werden diesen Vertrag so nicht unterschreiben.« Hier werde vorausgesetzt, der Schwarze Kanal sei ein homogenes deutsches weißes Projekt, das aus Wohltätigkeitsgründen »Obdach gewährt«. Es bestehe aber aus verschiedenen Gruppen, die sich wiederum aus unterschiedlichen Menschen zusammensetzen. »Wir sind auch Geflüchtete, People of Colour, Roma, Nicht-Deutsche, Schwarze.«
Seit 25 Jahren gibt es das Wohn- und Kulturprojekt »Wagenburg Schwarzer Kanal e.V.«. Im Jahr 2010 musste die Wagenburg aus Mitte auf das Gelände an der Neuköllner Kiefholzstraße ausweichen. Acht Jahre lang hatte die Wagenburg ihren Sitz an der Michaelbrücke.
Quelle: http://www.neues-deutschland.de/artikel/965324.schwarzer-kanal-vor-neuen-problemen.html
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Ein Interview von 2009 über den Schwarzen Kanal/ Interview from two of us about Schwarzer Kanal
https://www.youtube.com/watch?v=dBueDPH66Do
“let us live how we want”- queer and rebel:
https://www.youtube.com/watch?v=w8fNSKsYFpc
Pressespiegel vom Schwarzer Kanal Umzug Michaelkirchstr -> Kiefholzstrasse
März/April 2010
Press about our moving from Berlin Mitte-Kreuzberg to Kiefholzstrasse in B-Neukölln (2010)
http:/www.bz-berlin.de/archiv/der-schwarze-kanal-piept-jetzt-bei-uns-in-der-laube-article796368.html
http://www.bz-berlin.de/bezirk/neukoelln/neuer-standplatz-fuer-wagenburg-article789894.html
http://www.bz-berlin.de/bezirk/neukoelln/wagenburg-trifft-auf-kleingaertner-article795769.html
http://www.wohnen-in-neukoelln.de/neueste-nachrichten/326-schwarzer-kanal.html
(link funktioniert nicht mehr)
http://www.tagesspiegel.de/berlin/wagenburg-auf-reisen/1781322.html
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2010/0331/berlin/0071/index.html
(link funktioniert nicht mehr)